Menschenrechtsaktivist vor Prozess

Initiative Bleiberecht: Lassen uns nicht einschüchtern!

Innsbruck, am 9.11.2012

Am 24. Juni 2012 fand anlässlich des Weltflüchtlingstages ein Solidaritätsfest der Initiative Bleiberecht im Innsbrucker Rapoldipark mit annähernd 1.000 BesucherInnen statt. Dieser bunten Begegnungs-Veranstaltung war eine Demonstration vorangegangen, welche auf die zum Teil inhumanen Daseinsbedingungen von Flüchtlingen in Österreich hinwies.
Circa 250 VertreterInnen von über 35 einzelnen Träger-Organisationen nahmen an dieser friedlichen Kundgebung teil und spendeten den Redebeiträgen Beifall. Die begleitende Exekutive hingegen wollte in einem Redebeitrag eines Aktivisten der Plattform Bleiberecht einen Gesetzesbruch erkannt haben und erstattete Meldung bei der Staatsanwaltschaft.

Die anwesenden BeamtInnen sprachen den Aktivisten der Plattform Bleiberecht jedoch nicht vor Ort auf seinen „Verstoß“ an – stattdessen erhielt er zwei Wochen später einen Anruf der Polizei zur Einvernahme. Ihm wird vorgeworfen, er habe durch seine Wortmeldung bei der Demonstration zum Ungehorsam gegen Gesetze aufgerufen (§281 StGB). Tatsächlich wurde in der Rede auf den Bleiberechtskampf vom Lamin Jaiteh im Mai 2011 erinnert und an die Zivilcourage einer solidarischen Gesellschaft appelliert.
Die anwesenden BeamtInnen sahen darin einen Aufruf zum Ungehorsam gegen eine fremdenpolizeiliche Bestimmung, nämlich §120 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG).

Für alle, die sich für ein solidarisches Miteinander engagieren, ist dieser Paragraph – so wie das gesamte ‚Fremdenrecht‘ – absurd und gegen Menschenrechte gerichtet. Bestraft werden damit nämlich alle, die „einem Fremden den unbefugten Aufenthalt (…) wissentlich erleichtern“. Dieser Tatbestand beträfe also neben Pfarrer Friedl und der Flüchtlingshelferin Ute Bock auch die ehemalige evangelische Superintendentin für Tirol und Salzburg, Luise Müller, sowie unzählige weitere Menschen.

Am Donnerstag, den 15. November 2012 findet nun um 8:30 Uhr am Bezirksgericht Innsbruck die Verhandlung gegen den Aktivisten der Plattform Bleiberecht statt. Allein die Tatsache, dass die Anzeige der Polizei zu einer Anklage geführt hat, hat in der Initiative Bleiberecht Empörung ausgelöst. Viele sehen darin den Versuch, die Aktivitäten der immer größer werdenden Tiroler Bleiberechtsbewegung einzudämmen und zu kriminalisieren. Daher wird am 15. November bereits ab 8:00 Uhr eine Kundgebung vor dem Bezirksgericht den Prozess begleiten.

Der Betroffene sieht in der Verhandlung den Versuch, berechtigte Kritik an Abschiebungen und dem österreichischen ‚Fremdenrecht‘ zu unterbinden. Für ihn gilt es Menschenrechte und demokratische Grundrechte, also Meinungs- und Redefreiheit, zu schützen:
„Diese Anklage betrifft nicht nur mich als einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht, sondern alle Menschen, die sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzen. Alles andere als ein Freispruch wäre ein Schlag ins Gesicht der unzähligen Menschen, die sich täglich für Ihre Mitmenschen engagieren. Solange es ein rassistisches System von Abschiebungen und Schubhaft gibt, wird es Kritik daran geben. Wir lassen uns auch durch diese Anklage nicht einschüchtern!“, gibt sich der Aktivist kämpferisch.

 

 

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