300 Meter nach der österreichisch-italienischen Grenze am Brenner(o), 24. April 2016; Die Demo hat sich zu diesem Zeitpunkt schon wieder Richtung Italien zurückgezogen; Foto: Plattform Bleiberecht
Man kann ja nicht sagen, dass sich die Tiroler Polizei nicht bemüht hätte.
Die Teilnehmer*innen des Marsches für Bewegungsfreiheit wurden am letzten Sonntag, 24. April nach 300 Metern auf österreichischem Staatsgebiet repressiv empfangen: Etwa 400 Polizist*innen aus Wien,Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich und Tirol mit Helm, Schild, Schlagstock. 2 Wasserwerfer waren bereitgestellt.
Im Wald neben der Fahrbahn Alpinpolizei und die Hundestaffel. Ein „landesüblicher Empfang“ schaut anders aus. Aber das Bemühen der Tiroler Polizei, die Demonstration eskalieren zu lassen, war offensichtlich.
Der Demonstrations-Zug gegen die Einführung von Grenzkontrollen am Brenner(o) startete mit rund 300 Teilnehmer*innen vom Bahnhof Brenner(o) auf der italienischen Seite. Die italienische Polizei marschierte zwar mit, hielt sich aber dezent im Hintergrund. Spätestens ab dem Kreisverkehr, der Grenze zwischen Österreich und Italien, war die Tiroler Polizei-Strategie klar:
Die Demonstrations-Teilnehmer*innen sollten von Anfang an provoziert werden.
Mit martialischem Auftreten (Helm mit geschlossenem Visier und Schild im Anschlag), Absperrgittern entlang der Bundesstraße, einem kurzfristig vorher erlassenem Platzverbot, welches anwesende Journalist*innen den Kopf schütteln ließ und zu guter Letzt: mit 2 Wasserwerfern zur Macht-Demonstration.
Nach 300 Metern auf österreichischer Seite war Schluss. So schaut die Bewegungsfreiheit am Brenner(o) im Jahr 2016 aus.
Die Antwort auf Gummi-Schlauchboote und Regenschirme gegen Polizei-Schilder: Knüppel und Pfefferspray.
Wie gut, dass Nordföhn herrschte. Sonst hätte die Tiroler Polizei wohl wieder mit verletzten Beamt*innen Schlagzeilen machen können. Anfang April setzte die Tiroler Polizei ebenfalls Pfefferspray ein. Bei Südföhn und geöffneten Visier in Richtung Süden. „Friendly pepper spray“ sozusagen. Diesmal Pfefferspray „nur“ für Demonstrant*innen.
Am Rückweg der letzte Versuch der Eskalation. Völlig unvermittelt wird ein italienischer Demo-Teilnehmer neben dem Lautsprecher-Wagen von einem Dutzend Polizist*innen weggezerrt und verhaftet.
Es folgte ein rund einstündiger Sitzstreik. Bis der Teilnehmer wieder frei war.
Als Grund für die Verhaftung nannte die Tiroler Polizei: Der Mann habe auf dem Rückweg nach Italien noch Durchsagen durch das Mikro gemacht und zu heftig gestikuliert.
Die Hoffnung der Polizei, dass es „kracht“ erfüllte sich nicht. Mit einer Eskalation hatte die Polizei nämlich spekuliert und auch einiges dafür getan. Denn damit hätte man sich gute Chancen für ein künftiges Demo-Verbot am Brenner(o) erhofft. Und damit zugleich ein Ende der berechtigten Kritik an der neuen Grenz(zaun)-Politik.
Es herrscht Gewalt!
Der Sonntag hat gezeigt: Es herrscht Gewalt am Brenner(o). Und diese Gewalt geht vom Staat aus. Die Militarisierung und Befestigung der Grenze geht weiter. Und die offiziellen Stimmen für die Einhaltung verfassungsmäßiger Rechte wie auf Versammlungs-Freiheit werden leiser. Die Kritik an den Grenzkontrollen ist sowieso schon fast verstummt.
Wir werden nicht schweigen!
Wir werden weiterhin die Grenzen überqueren!
Wir werden weiterhin das globale Recht auf Bewegungs- und Niederlassungs-Freiheit einfordern!
Wir werden die Militarisierung nach innen und außen nicht hinnehmen!
Wir sehen uns wieder! Am Brenner(o). Und überall.
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GEGEN GRENZEN, GEGEN ZÄUNE!
Demonstration gegen die Einführung von Grenzkontrollen am Brenner
Samstag 7. Mai 2016
Treffpunkt ab 14.30 Uhr am Bahnhof Brenner(o)
Der österreichische Staat hat angekündigt, bis Sommer 2016 die Grenze
am Brenner für Flüchtlinge zu schließen. Wie zuvor bereits andere
Landesgrenzen (z. B. Spielfeld, Steiermark), wird der Grenzübergang mit
Stacheldraht, Schranken und Kontrollposten der Polizei und des Militärs
„abgesichert“. Wer von Italien aus nach Österreich einreisen will – egal
ob per Auto, Zug oder Fahrrad – soll kontrolliert werden.
Was unter dem zynischen Titel „Grenzmanagement“ nun als technische Problemlösung verkauft wird, hat für die Betroffenen, die von Krieg und Verfolgung bedroht sind, brutale, oft tödliche Konsequenzen: Sie können teils nicht einmal mehr aus den Kriegsgebieten fliehen: So hat etwa die Schließung der „Balkanroute“ dazu geführt, dass die Türkei ihrerseits die Grenze gegen Flüchtlinge aus Syrien militärisch abriegelt. Schaffen es die Menschen dennoch das Land zu verlassen, sterben weiterhin jährlich tausende von ihnen bei der Überfahrt im Mittelmeer, da sichere und legale Fluchtwege fehlen. In Europa erwarten sie nun Massenquartiere, geschlossene Grenzen und Abschiebungen in unsichere Drittstaaten oder gar zurück in die Kriegsgebiete.
Die jetzige Situation stellt uns ganz konkret vor die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Sie zu akzeptieren macht uns zu Mittäter*innen einer völlig menschenverachtenden, mörderischen Politik!
Lasst uns daher ein klares Zeichen gegen die rassistische Grenzschließung am Brenner setzen!
Der mehrsprachige Aufruf unter: http://abbatterelefrontiere.blogspot.co.at