Der Kampf für gleiche Rechte aller Menschen geht weiter!
Innsbruck, 5.12.2012
Fünf Monate nach der Strafanzeige gegen einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht wegen Verdachts zur Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze (§281 StGB) wurde das Strafverfahren von der zuständigen Richterin eingestellt.
Zur Erinnerung: In der Rede des Aktivisten vom 24. Juni 2012 anlässlich des Weltflüchtlingstages in Innsbruck wurde auf den Bleiberechtskampf vom Lamin Jaiteh im Mai 2011 erinnert und an die Zivilcourage einer solidarischen Gesellschaft appelliert. Der Leiter der sicherheitspolizeilichen Abteilung der Landespolizeidirektion (vormals Bundespolizeidirektion) wollte darin einen Aufruf zum Ungehorsam gegen eine fremdenpolizeiliche Bestimmung, nämlich §120 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG) gehört haben.
Für alle, die sich für ein solidarisches Miteinander engagieren, ist dieser Paragraph – so wie das gesamte ‚Fremdenrecht‘ – absurd und gegen Menschenrechte gerichtet. Bestraft werden damit nämlich alle, die „einem Fremden den unbefugten Aufenthalt (…) wissentlich erleichtern„.
Der Prozesstermin war ursprünglich für den 15. November angesetzt. Wenige Tage vor der Verhandlung gab die Richterin überraschend bekannt, den Prozesstermin abzusagen und das gesamte Verfahren einstellen zu wollen. Am Prozesstag gab es eine Kundgebung vor dem Innsbrucker Bezirksgericht bei dem rund 60 Teilnehmer_innen ihren Unmut über die Strafanzeige mit dem Hinweis „Wir lassen uns den Mund nicht verbieten!“ öffentlich machte.
Die Richterin entschloss sich dazu, das Verfahren aus Mangel an Beweisen (keine Ton- oder Videoaufnahmen!) und einem fehlerhaften Strafantrag einzustellen. Außerdem sei „ein für die Erfüllung des Tatbildes des §281 StGB gewollter Ungehorsam in den Äußerungen des Angeklagten nicht mit Sicherheit ableitbar. Unterschwellige Beeinflussungen stellen keine Aufforderung dar„, so der Wortlaut in ihrer Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Berufung gegen die Verfahrenseinstellung verzichtet.
Was bleibt?
Der Versuch, die immer breiter werdende(n) Bleiberechtsbewegung(en) zu kriminalisieren und einzuschüchtern, ist nicht geglückt. Die beabsichtigte Spaltung der Bewegung zwischen radikalere und moderatere Gruppierungen hat sich ins Gegenteil verkehrt. Die solidarische Unterstützung sehr vieler Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen führte zu einer weiteren Stärkung und einem engeren Zusammenrücken der Bleiberechts- und Menschenrechtsbewegungen in Tirol und Österreich.
Solange Menschen abgeschoben werden, wird es Kritik daran geben! Der Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse muss und wird weitergehen. Die aktuellen selbstorganisierten Proteste von Flüchtlingen in Deutschland und Österreich zeigen sehr deutlich, dass Menschen nicht mehr bereit sind, den rassistischen Normalzustand und die (ihre) gesellschaftliche Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen zu akzeptieren.
Kämpfen wir gemeinsam weiter für gleiche Rechte aller Menschen!
Lasst euch nicht einschüchtern von Drohungen und möglichen Anzeigen der Polizei!
Denn: Wir sind viele!