Strafverfahren gegen Aktivisten eingestellt!

Der Kampf für gleiche Rechte aller Menschen geht weiter!

Innsbruck, 5.12.2012

Fünf Monate nach der Strafanzeige gegen einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht wegen Verdachts zur Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze (§281 StGB) wurde das Strafverfahren von der zuständigen Richterin eingestellt.

Zur Erinnerung: In der Rede des Aktivisten vom 24. Juni 2012 anlässlich des Weltflüchtlingstages in Innsbruck wurde auf den Bleiberechtskampf vom Lamin Jaiteh im Mai 2011 erinnert und an die Zivilcourage einer solidarischen Gesellschaft appelliert. Der Leiter der sicherheitspolizeilichen Abteilung der Landespolizeidirektion (vormals Bundespolizeidirektion) wollte darin einen Aufruf zum Ungehorsam gegen eine fremdenpolizeiliche Bestimmung, nämlich §120 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG) gehört haben.

Für alle, die sich für ein solidarisches Miteinander engagieren, ist dieser Paragraph – so wie das gesamte ‚Fremdenrecht‘ – absurd und gegen Menschenrechte gerichtet. Bestraft werden damit nämlich alle, die „einem Fremden den unbefugten Aufenthalt (…) wissentlich erleichtern„.

Der Prozesstermin war ursprünglich für den 15. November angesetzt. Wenige Tage vor der Verhandlung gab die Richterin überraschend bekannt, den Prozesstermin abzusagen und das gesamte Verfahren einstellen zu wollen. Am Prozesstag gab es eine Kundgebung vor dem Innsbrucker Bezirksgericht bei dem rund 60 Teilnehmer_innen ihren Unmut über die Strafanzeige mit dem Hinweis „Wir lassen uns den Mund nicht verbieten!“ öffentlich machte.

Die Richterin entschloss sich dazu, das Verfahren aus Mangel an Beweisen (keine Ton- oder Videoaufnahmen!) und einem fehlerhaften Strafantrag einzustellen. Außerdem sei „ein für die Erfüllung des Tatbildes des §281 StGB gewollter Ungehorsam in den Äußerungen des Angeklagten nicht mit Sicherheit ableitbar. Unterschwellige Beeinflussungen stellen keine Aufforderung dar„, so der Wortlaut in ihrer Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Berufung gegen die Verfahrenseinstellung verzichtet.

Was bleibt?

Der Versuch, die immer breiter werdende(n) Bleiberechtsbewegung(en) zu kriminalisieren und einzuschüchtern, ist nicht geglückt. Die beabsichtigte Spaltung der Bewegung zwischen radikalere und moderatere Gruppierungen hat sich ins Gegenteil verkehrt. Die solidarische Unterstützung sehr vieler Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen führte zu einer weiteren Stärkung und einem engeren Zusammenrücken der Bleiberechts- und Menschenrechtsbewegungen in Tirol und Österreich.

Solange Menschen abgeschoben werden, wird es Kritik daran geben! Der Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse muss und wird weitergehen. Die aktuellen selbstorganisierten Proteste von Flüchtlingen in Deutschland und Österreich zeigen sehr deutlich, dass Menschen nicht mehr bereit sind, den rassistischen Normalzustand und die (ihre) gesellschaftliche Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen zu akzeptieren.

Kämpfen wir gemeinsam weiter für gleiche Rechte aller Menschen!
Lasst euch nicht einschüchtern von Drohungen und möglichen Anzeigen der Polizei!
Denn: Wir sind viele!

Veröffentlicht in 2012

Flüchtlingsproteste dauern an!

Nach dem Marsch von der Erstaufnahmestelle Traiskirchen nach Wien am 24. November errichteten Flüchtlinge und solidarische Unterstützer_innen ein refugee camp vor der Wiener Votivkirche.
Wenn ihr nicht selber vor Ort anwesend sein könnt, kann mensch die Proteste virtuell unterstützen: http://refugeecampvienna.noblogs.org/support/petition/

Auch in Deutschland nehmen Flüchtlinge ihr Recht auf Meinungsäußerung wahr und kritisieren die aktuelle Asyl- und Migrationspolitik. In Deutschland spielt vor allem die Abschaffung der „Residenzpflicht“ eine große Rolle. Die „Residenzpflicht“ beschränkt die Mobilität von Asylwerber_innen auf den jeweiligen Landkreis (politischer Bezirk). Auf Tirol umgelegt würde das bedeuten, dass Flüchtlinge aus Hall (Bezirk Innsbruck-Land) sich mit einer Fahrt nach Innsbruck strafbar machen würden und im Falle einer Kontrolle durch die Polizei eine Verwaltungsstrafe erhalten würden.
Einige Bundesländer wie etwa Mecklenburg-Vorpommern haben die „Residenzpflicht“ aufgehoben: https://www.neues-deutschland.de/artikel/213791.schwerin-hebt-residenzpflicht-auf.html

Die „Plattform Bleiberecht“ unterstützt die Proteste & Forderungen der Flüchtlinge in Deutschland und Österreich!

Regelmäßige Informationen findet ihr unter:
Refugee Camp Vienna: http://refugeecampvienna.noblogs.org/
No-racism.net: http://www.no-racism.net/

Veröffentlicht in 2012

§§ rechtshilfe infoabend §§

mit Rechtsanwalt Matthias Kapferer & gutem Essen aus der Volxküche!

Freitag, 30. November ab 19.30 Uhr
Café DeCentral, Hallerstraße 1, Ibk

* Wie verhalte ich mich bei Polizeikontrollen?
* Gibt es eine Ausweis- und Auskunftspflicht?
* Was sind meine Rechte als Zeug_in oder Beschuldigte_r?
* Darf ich mich aus Protest auf die Straße setzen?
* Was mache ich, wenn ich einen „blauen Brief“ der Polizei erhalte (z.B. Verwaltungsstrafe)?
* Darf die Polizei mich filmen bzw. darf ich eine Amtshandlung dokumentieren?
* Wann ist eine Demo eine Demo?

Diese und andere Fragen werden uns an diesem rechtshilfe.infoabend vom erfahrenen Rechtsanwalt Matthias Kapferer beantwortet. Außerdem gibt’s leckeres Essen aus der Volxküche!

Jede_r von uns hat schon mal „Erfahrungen“ mit Polizei gemacht: bei Demos, im Fußballstadion, im Straßenverkehr oder wenn die Polizist_innen genau wissen wollten, woher (aus welchem Land?) Du oder deine Freund_innen kommst/kommen.
Im Umgang mit staatlichen Behörden ist es oft schwierig, Deine Rechte einzufordern. Zuallererst ist es wichtig, Deine eigenen Rechte zu kennen. Dieser Abend wird uns Basiswissen im Umgang mit staatlichen Behörden vermitteln, damit wir beim nächsten Mal nicht vergessen, die Polizist_in nach ihrer Dienstnummer zu fragen und die Aussage vorerst mal zu verweigern.

Hier gibt es den Flyer zum Download: Flyer_Rechtshilfe_Infoabend_A4_Nov2012

Eine Veranstaltung der Plattform Bleiberecht.

Kein Mensch ist illegal! Für die globale Bewegungsfreiheit aller Menschen!

Veröffentlicht in 2012

Prozesstermin am 15. November abgesagt

Verfahrenseinstellung steht im Raum!

Wir_lassen_uns_den_Mund_nicht_verbieten_1

Foto: privat

Eine überraschende und erfreuliche Wendung nahm das Strafverfahren gegen einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht wegen des Verdachts der Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze (§281 StGB).
Anfang dieser Woche teilte die zuständige Richterin dem Rechtsanwalt des Aktivisten mündlich mit, dass am Donnerstag, 15. November keine Gerichtsverhandlung stattfindet und möglicherweise sogar ein Antrag auf Verfahrenseinstellung gemacht wird. Eine schriftliche Bestätigung gibt es dafür noch nicht, sollte aber in den nächsten Tagen zugestellt werden.

Das Strafverfahren ist deshalb aber noch nicht beendet. Die Staatsanwaltschaft hat 14 Tage Zeit, die Einstellung des Verfahrens zu beeinspruchen und eine Wiederaufnahme zu beantragen. Es bleibt also spannend!

Donnerstagfrüh kamen rund 60 Menschen zur Kundgebung vor dem Innsbrucker Bezirksgericht. Transparente und Flugzettel mit den Aufschriften „Wir lassen uns den Mund nicht verbieten!“ und „Wir kämpfen weiter für Menschenrechte!“ wurden hochgehalten und verteilt. Die solidarische Unterstützung sehr vieler Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen hat eindrücklich gezeigt, dass die Einschüchterungs- und Spaltungsversuche der Polizeibehörden nicht funktionieren.
Im Gegenteil: sie führen zu einer weiteren Stärkung und einem engeren Zusammenrücken der Bleiberechts- und Menschenrechtsbewegungen in Tirol und Österreich.

Sobald es neue Informationen zum Strafverfahren gibt, werden wir diese umgehend aussenden!
Bis dahin lasst euch nicht einschüchtern!

Medienberichte

Printausgabe der Tiroler Tageszeitung vom 10. November im pdf-Format: TT_10112012_Menschenrechtsaktivist_Prozess
frontexwatch auf FreiRad vom 12. November: http://cba.fro.at/66282
frontexwatch auf FreiRad vom 14. November: http://cba.fro.at/66368

Veröffentlicht in 2012

Protest gegen die Abschiebung eines Schülers

400 Schüler_innen und Lehrer_innen gegen Abschiebung in Salzburg!

Ebenfalls am Donnerstag demonstrierten 400 Schüler_innen und Lehrer_innen des BORG Salzburg-Nonntalvgegen die Abschiebung ihres Schulkollegen Geworg. Die Polizeibehörden hatten im Sommer Geworgs Mutter und seinen jüngeren Bruder nach Armenien abgeschoben. Er und sein Vater konnten sich noch früh genug vor den Abschiebebeamt_innen in Sicherheit bringen. Der Protest einer gesamten Schule unter dem Motto „Ohne Geworg gehn‘ wir nicht in die Schule!“ ist eindrucksvoll & zeigt hoffentlich Wirkung.
Wir wünschen Geworg und allen anderen von Abschiebung bedrohten Menschen sowie ihren zahlreichen Unterstützer_innen alles Gute in ihren Bleiberechtskämpfen!

Der Widerstand gegen Abschiebungen und das „Fremdenrecht“ wächst weiter und das ist gut so.
Seit knapp 2 Jahren gibt es auch in Salzburg engagierte Menschen, die sich in einer Bleiberechtsgruppe organisiert haben.

Medienberichte

400 kämpfen gegen Abschiebung/Salzburg orf.at, 15.11.2012: http://salzburg.orf.at/news/stories/2559089/
Sitzstreik von 400 Salzburger Schülern gegen Abschiebung/derStandard.at, 16.11.2012: http://derstandard.at/1350261521334/Sitzstreik-von-400-Salzburger-Schuelern-gegen-Abschiebung
Bleiberechtsgruppe Salzburg: http://bleiberecht.webnode.at/neuigkeiten/
Blog von Berhard Jenny: Wir alle sind Geworg, Gabi und Heinz: https://bernhardjenny.wordpress.com/2012/11/15/wir-alle-sind-geworg-gabi-und-heinz/

Veröffentlicht in 2012

Menschenrechtsaktivist vor Prozess

Initiative Bleiberecht: Lassen uns nicht einschüchtern!

Innsbruck, am 9.11.2012

Am 24. Juni 2012 fand anlässlich des Weltflüchtlingstages ein Solidaritätsfest der Initiative Bleiberecht im Innsbrucker Rapoldipark mit annähernd 1.000 BesucherInnen statt. Dieser bunten Begegnungs-Veranstaltung war eine Demonstration vorangegangen, welche auf die zum Teil inhumanen Daseinsbedingungen von Flüchtlingen in Österreich hinwies.
Circa 250 VertreterInnen von über 35 einzelnen Träger-Organisationen nahmen an dieser friedlichen Kundgebung teil und spendeten den Redebeiträgen Beifall. Die begleitende Exekutive hingegen wollte in einem Redebeitrag eines Aktivisten der Plattform Bleiberecht einen Gesetzesbruch erkannt haben und erstattete Meldung bei der Staatsanwaltschaft.

Die anwesenden BeamtInnen sprachen den Aktivisten der Plattform Bleiberecht jedoch nicht vor Ort auf seinen „Verstoß“ an – stattdessen erhielt er zwei Wochen später einen Anruf der Polizei zur Einvernahme. Ihm wird vorgeworfen, er habe durch seine Wortmeldung bei der Demonstration zum Ungehorsam gegen Gesetze aufgerufen (§281 StGB). Tatsächlich wurde in der Rede auf den Bleiberechtskampf vom Lamin Jaiteh im Mai 2011 erinnert und an die Zivilcourage einer solidarischen Gesellschaft appelliert.
Die anwesenden BeamtInnen sahen darin einen Aufruf zum Ungehorsam gegen eine fremdenpolizeiliche Bestimmung, nämlich §120 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG).

Für alle, die sich für ein solidarisches Miteinander engagieren, ist dieser Paragraph – so wie das gesamte ‚Fremdenrecht‘ – absurd und gegen Menschenrechte gerichtet. Bestraft werden damit nämlich alle, die „einem Fremden den unbefugten Aufenthalt (…) wissentlich erleichtern“. Dieser Tatbestand beträfe also neben Pfarrer Friedl und der Flüchtlingshelferin Ute Bock auch die ehemalige evangelische Superintendentin für Tirol und Salzburg, Luise Müller, sowie unzählige weitere Menschen.

Am Donnerstag, den 15. November 2012 findet nun um 8:30 Uhr am Bezirksgericht Innsbruck die Verhandlung gegen den Aktivisten der Plattform Bleiberecht statt. Allein die Tatsache, dass die Anzeige der Polizei zu einer Anklage geführt hat, hat in der Initiative Bleiberecht Empörung ausgelöst. Viele sehen darin den Versuch, die Aktivitäten der immer größer werdenden Tiroler Bleiberechtsbewegung einzudämmen und zu kriminalisieren. Daher wird am 15. November bereits ab 8:00 Uhr eine Kundgebung vor dem Bezirksgericht den Prozess begleiten.

Der Betroffene sieht in der Verhandlung den Versuch, berechtigte Kritik an Abschiebungen und dem österreichischen ‚Fremdenrecht‘ zu unterbinden. Für ihn gilt es Menschenrechte und demokratische Grundrechte, also Meinungs- und Redefreiheit, zu schützen:
„Diese Anklage betrifft nicht nur mich als einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht, sondern alle Menschen, die sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzen. Alles andere als ein Freispruch wäre ein Schlag ins Gesicht der unzähligen Menschen, die sich täglich für Ihre Mitmenschen engagieren. Solange es ein rassistisches System von Abschiebungen und Schubhaft gibt, wird es Kritik daran geben. Wir lassen uns auch durch diese Anklage nicht einschüchtern!“, gibt sich der Aktivist kämpferisch.

 

 

Veröffentlicht in 2012

Terminhinweis: Verhandlung – Donnerstag, 15.11.2012

Verhandlung, 15.11.2012

08:00 Beginn Kundgebung vor dem Bezirksgericht Innsbruck, Museumsstraße 34

08:30 Beginn der Verhandlung gegen einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht wegen des Verdachtes der Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze (§281 StGB), Raum 101, 1. Stock

10:00 Ende Kundgebung

Hinweis: Wenn Du bei der Verhandlung dabei sein möchtest, komm früh genug und mit möglichst wenig Gepäck zum Gericht. Seit einigen Jahren wird der Zutritt zu Bezirks- und Landesgerichten mit Metalldetektoren und Taschendurchsuchungen reglementiert. Es dauert dann länger, weil
jede_r Mensch einzeln durchgelassen wird. Das soll Dich aber nicht davon abhalten vorbeizukommen!

Veröffentlicht in 2012

Prozess gegen einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht wegen §281 StGB

Gegen einen Aktivisten der „Plattform Bleiberecht“ läuft im Moment ein Strafverfahren wg. §281 StGB („Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze“), der einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe umfasst.
Dem Aktivisten wird vorgeworfen, dass er im Rahmen einer politischen Kundgebung am Weltflüchtlingstag zum „allgemeinen Ungehorsam gegen ein Gesetz, nämlich §120 Abs. 3 FPG (Fremdenpolizeigesetz)“ aufgerufen habe.
Dieser Paragraf ist – so wie das gesamte „Fremdenrecht“ – absurd und gegen die Menschenrechte gerichtet. Aber er ist halt Gesetz. Bestraft werden damit alle Menschen, die „einem Fremden den unbefugten Aufenthalt […] wissentlich erleichtern.“

http://www.jusline.at/120._Rechtswidrige_Einreise_und_rechtswidriger_Aufenthalt_FPG.html

Die Gerichtsverhandlung findet am Donnerstag, 15. November um 8.30 Uhr am Bezirksgericht Innsbruck, Museumsstraße statt.
Breite Unterstützung und Beteiligung beim Gerichtstermin ist sehr erwünscht!

Informationen zu möglichen Aktionen und Mobilisierungen im Vorfeld der Verhandlung werden frühestmöglich ausgeschickt!

Wichtig! Die betroffene Person möchte es vorerst & ausdrücklich so handhaben, dass sein Name nicht „öffentlich“ aufscheint, sondern dass es sich in der offiziellen Sprachregelung um einen „Aktivisten der Plattform Bleiberecht“ handelt. Bitte dies bei der Verbreitung der Informationen zu diesem Prozess im emailverkehr oder sonstigen Kommunikationsformen zu berücksichtigen!

 

Veröffentlicht in 2012

Unterstützung für James

James, der junge Mann aus Ghana, der bei einem schrecklichen Unfall Ende September schwer verletzt wurde – wir haben darüber geschrieben – ist am Weg der Besserung. Das ist für uns alle eine gute Nachricht. Mittlerweile ist es gelungen, einen engagierten Rechtsanwalt zu finden, der James kostenlos vertritt. Die Solidarität von Innsbrucker_innen, die selbst aus Ghana oder einem anderen westafrikanischen Land kommen ist ebenfalls groß.

James sagt, er möchte in Österreich bleiben. Wir werden ihn mit allen unseren Mitteln dabei unterstützen.
Neben dem sehr wichtigen (aufenthalts)rechtlichen Aspekt, haben wir uns mit James‘ Zustimmung dazu entschlossen, eine Spendenaktion zu beginnen. Das Konto hierfür wurde dankenswerterweise vom Verein FLUCHTpunkt zur Verfügung gestellt. Mit dem gespendeten Geld soll es für James möglich werden, einen Teil der anfallenden Kosten (Gebühren, Rehabilitation, Taschengeld) zu übernehmen. Im Innsbrucker Krankenhaus mussten ihm, wie bereits berichtet, beide Unterschenkel amputiert werden. Das Geld soll ihm nun als Überbrückungshilfe dienen.

Wir möchten klar darauf hinweisen, dass James selbst über die gesamte Spendensumme verfügen und das Geld nicht für andere Zwecke verwendet wird!

Spendenkonto des Vereins FLUCHTPunkt: http://www.fluchtpunkt.org/

Tiroler Sparkasse
BLZ: 20.503
Kontonr. 03301-122382
IBAN: AT432050303301122382/ BIC: SPIHAT22XXX
Kennwort: James

Wir bitten um Weiterleitung dieses Unterstützungsaufrufs!

Wir fordern weiterhin:
# Die umfassende unabhängige Aufklärung des tragischen Unfalls und die Rolle der zuständigen Beamt_innen der AGM Gries!
# Abschaffung aller Sondergesetze für „Fremde“!
# Abschaffung der Schubhaft und Stopp aller Abschiebungen!
# Die globale Bewegungsfreiheit aller Menschen!
# Ein Bleiberecht für ALLE!

Veröffentlicht in 2012

Mann aus Ghana in Innsbruck schwer verletzt

Ein Unfall, der nicht hätte passieren müssen – Junger Mann aus Ghana wird in Innsbruck schwer verletzt

Ein 19 Jahre alter Mann fährt mit dem Zug von Italien Richtung Österreich. Am Brennero/Brenner steigen Grenzpolizist_innen der AGM* Gries ein. Sie kontrollieren nach dem Prinzip des „racial profiling“ meist nur Menschen, die sie als „ausländisch“ oder „verdächtig“ brandmarken. Der junge Mann wird festgenommen und zur Polizeistation am Innsbrucker Hauptbahnhof gebracht.

Sein „Vergehen“: Er hat in Italien Asyl beantragt, darf gemäß den geltenden, rassistischen Gesetze Italien nicht verlassen. Die AGM-Polizist_innen gehen wie so oft vor: Identitätsfeststellung, Abklärung durch die EU-weite Datenbank SIS (Schengener Informationssystem) und dann: Rückschiebung, wie das im Beamt_innen-Sprech heißt. Der junge Mann soll durch eine „fremdenpolizeiliche Maßnahme“ wieder nach Italien, besser: auf die südliche Seite des Brenner-Bahnhofes auf italienisches Staatsgebiet gebracht werden.

Am Bahnsteig warten die Polizist_innen am Samstagnachmittag 29. September, mit dem jungen Mann. Der Zug aus München fährt ein. Plötzlich springt der Junge auf die Gleise…ein schrecklicher Unfall. Er wird schwer verletzt in die Klinik eingeliefert, dort werden ihm beide Unterschenkel amputiert. Mittlerweile hat sich unseren Informationen zufolge sein Gesundheitszustand stabilisiert, er liegt im künstlichen Tiefschlaf. Wir waren von dem Vorfall geschockt, hoffen und wünschen dem jungen Mann, dass er wieder gesund wird.
Wir wissen aber auch, dass Hoffnung alleine nicht ausreicht. Deshalb stehen wir in Kontakt mit engagierten Menschen und Organisationen, um für den jungen Mann soziale und rechtliche Unterstützungsangebote zu schaffen.
Als eine Möglichkeit ist ein Spendenkonto angedacht. Dieses soll nach Rücksprache und Einverständnis mit dem Jungen eingerichtet werden.

Doch es gibt auch eine politische Dimension dieses tragischen Vorfalles, die wir nicht unbeachtet lassen wollen.

Staatlicher Rassismus tötet Menschen!

Die Polizei spricht in den Medien von einem Fluchtversuch des jungen Mannes. Wir sprechen von einem rassistischen Abschiebe- und Grenzsystem, legitimiert durch EU-Verordnungen und nationale Gesetze („Fremdenpolizeigesetz“), durchgeführt durch staatliche Behörden und Beamt_innen.
Dieser staatliche Rassismus beraubt Menschen ihrer Grundrechte, bringt sie in psychische Ausnahmezustände.
Nicht selten werden Menschen dadurch (schwer) verletzt oder getötet. Das Massensterben an den EU-ropäischen Außengrenzen geht jeden Tag weiter. Nach Schätzungen von NGOs sind schon fast 20.000 Menschen in den letzten 20 Jahren gestorben.
Die Nachricht über ein gesunkenes Flüchtlingsboot ist meist nur mehr ein Einzeiler „wert“, wenn überhaupt.
Während die einen, privilegierte (vermögende) Migrant_innen, für ein bisserl Schmiergeld („part of the game“) die österreichische Staatsbürger_innenschaft erhalten, werden die anderen, marginalisierte (zu Armen gemachte) Illegalisierte mit militärischer und polizeilicher Zwangsgewalt davon abgehalten, in die EU zukommen.
Schaffen sie es dennoch nach Österreich werden diese erzwungenen Nomad_innen des 21. Jahrhunderts systematisch ihrer Rechte beraubt, ohne Grund inhaftiert (Schubhaft) und abgeschoben.
Hinter Namen wie AGM, FRONTEX oder DUBLIN II verbergen sich alltägliche, strukturelle Menschenrechtsverbrechen.

Diese Ungleichheit hat einen Namen und ein System: Kapitalismus. Der globale Kapitalismus und damit der „Wohlstand der Wenigen“ basiert wesentlich auf rassistischer und (hetero)sexistischer Ausbeutung. Jede Kritik an den herrschenden (Un)Verhältnissen, die das System Kapitalismus außer Acht lässt, und nur „humanere“ Gesetze fordert oder an das „gute Gewissen“ der Menschen appelliert, greift zu kurz.
Wir unterstützen aber weiterhin all jene, die sich für die gleichen Rechte der Menschen einsetzen, sich solidarisch mit „Ausgegrenzten“ zeigen und wichtige soziale Unterstützung leisten.

* AGM steht für Schengen-Ausgleichsmaßnahmen. Mit Inkrafttreten des Schengener Vertrages gibt es zwar keine direkten Grenzkontrollen mehr.
Stattdessen wurde ein „Grenzraum“ geschaffen, innerhalb dessen Beamt_innen des Innenministeriums rassistische Identitätskontrollen (racial profiling) von „mutmaßlich illegal aufhältigen Personen“ machen. Jede_r, der/die einmal mit dem Zug aus Italien oder nach Deutschland gefahren ist, wird bemerkt haben, dass die Polizei zumeist nur migrantisch „aussehende“ Menschen kontrolliert.

Wir fordern

# Die umfassende unabhängige Aufklärung des tragischen Unfalls und die Rolle der zuständigen Beamt_innen der AGM Gries!
# Abschaffung aller Sondergesetze für „Fremde“!
# Abschaffung der Schubhaft und Stopp aller Abschiebungen!
# Die globale Bewegungsfreiheit aller Menschen!
# Ein Bleiberecht für ALLE!

Medienberichte

der letzten Tage zum tragischen Unfall des jungen Mannes:
Online-TT vom 30.9.2012: Mann wollte vor Polizei flüchten und wurde von Zug erfasst: http://www.tt.com/%C3%9Cberblick/Chronik/ChronikInnsbruck/5487994-6/mann-wollte-vor-polizei-fl%C3%BCchten-und-wurde-von-zug-erfasst.csp
tirol.orf.at vom 29.09.2012: Afrikaner von Zug schwer verletzt: http://tirol.orf.at/news/stories/2552407/
derStandard.at vom 30.09.2012: Ghanaer bei Abschiebung am Innsbrucker Bahnhof von Zug erfasst: http://derstandard.at/1348284486540/Ghanese-bei-Abschiebung-am-Innsbrucker-Hauptbahnhof-von-Zug-erfasst
frontexwatch auf FreiRad vom 3.10.2012: http://cba.fro.at/64503

Veröffentlicht in 2012